Strukturelles Defizit und steigende Schulden
Die Stadt St.Gallen befindet sich in einer angespannten finanziellen Lage. Die Jahresrechnung 2024 schloss mit einem Defizit von rund 25 Millionen Franken – genau wie budgetiert. Damit setzt sich eine bedenkliche Entwicklung fort: Strukturelle Defizite drohen zur Normalität zu werden. Während der Aufwand kontinuierlich steigt, stagnieren die Erträge oder brechen sogar ein. Insbesondere die Steuereinnahmen sanken 2024 markant um 15 Millionen Franken gegenüber dem Vorjahr, vor allem aufgrund rückläufiger Erträge bei Unternehmenssteuern und Grundstückgewinnen. Die Stadtregierung führt dies auf die wirtschaftliche Stagnation und höhere Zinsen zurück. Ich hingegen sehe einen Teil der Ursachen hausgemacht: Fehlanreize und eine verfehlte Standortpolitik tragen dazu bei, dass weniger Firmen in St.Gallen investieren – was die Steuersubstrat-Erosion beschleunigt.
Trotz der defizitären Lage wurden zuletzt fast 30 neue Stellen in der Stadtverwaltung geschaffen. Aus meiner Sicht ist das das falsche Signal. Wir leben über unsere Verhältnisse: Aufwand und Personal wachsen weiter, während die Einnahmen nicht Schritt halten. Die Folge ist eine rapide steigende Verschuldung. 2024 tätigte die Stadt Nettoinvestitionen von 87 Mio. Fr., wovon 64 % über neue Kredite finanziert wurden – die Bruttoschuld kletterte damit auf über 1,1 Mrd. Fr. Auch im Budget 2025 sind wieder ein Defizit von 27 Mio. Fr. sowie rekordhohe Nettoinvestitionen von 100 Mio. Fr. (+95 % gegenüber Vorjahr) vorgesehen. Diese Politik auf Pump ist hochriskant. Zwar betont Stadtpräsidentin Maria Pappa, man werfe kein Geld aus dem Fenster und die Ausgaben lägen im Schnitt vergleichbarer Städte. Doch was nützt ein interkommunaler Vergleich, wenn St.Gallen sich die eigenen Ausgaben offensichtlich nicht leisten kann? Andere Städte mögen ähnliche Niveaus haben – St.Gallen schreibt aber Jahr für Jahr tiefrote Zahlen.
Die Stadtregierung hat mit dem Sparprogramm Fokus25 zwar einzelne Massnahmen ergriffen, aber der gewünschte Erfolg bleibt aus. In der neuen Legislatur 2025–2028 soll nun ein weiteres Sparpaket geschnürt werden. Aus meiner Sicht genügt das nicht: Es braucht eine harte Ausgabendisziplin und Priorisierung. Ein sofortiger Stellenstopp in der Verwaltung wäre ein erster Schritt. Zudem müssen freiwillige Leistungen und nice-to-have-Projekte kritisch hinterfragt werden. Es kann nicht sein, dass Defizite einfach hingenommen werden – defizitäre Budgets dürfen nicht zur Gewohnheit werden. Überschüsse aus besseren Jahren müssten zwingend zum Schuldenabbau verwendet werden, statt neue Begehrlichkeiten zu wecken.
Investitionen und Folgekosten – Realitätssinn statt Wunschdenken
Eine besondere Sorge ist der Umgang des Stadtrats mit grossen Investitionsprojekten. Jede Investition zieht Folgekosten nach sich – sei es für Betrieb, Personal oder Unterhalt. Umso erstaunlicher ist die Aussage der Stadtpräsidentin (publiziert im Tagblatt), wonach Investitionen „nichts mit den Folgekosten zu tun“ hätten. Ich widerspreche entschieden: Wer so argumentiert, verkennt die finanzielle Realität. Neue Infrastruktur belastet die Stadtkasse nicht nur einmalig, sondern dauerhaft.
Ein Beispiel dafür ist das Projekt Neue Bibliothek. Hier planen Stadt und Kanton eine Zusammenlegung der Bibliotheken an einem zentralen Standort – doch die Kosten laufen aus dem Ruder. Ursprünglich mit rund 137–142 Millionen Franken veranschlagt, sorgte das Vorhaben parteiübergreifend für Kritik. Zu teuer, zu üppig, zu wenig durchdacht lautete der Tenor. Besonders stossend: Die betrieblichen Folgekosten der neuen Bibliothek wären deutlich höher als bei den vier heutigen dezentralen Standorten. Selbst die freisinnige Bildungsdirektor Gabathuler räumte ein, dass das Projekt so keine politische Unterstützung fand, weil es „vielen einfach zu teuer“ war. Inzwischen musste der Stadtrat reagieren – das Bibliotheksprojekt wird überarbeitet, das Bauvolumen reduziert und die Finanzierung neu verhandelt. Doch das Grundproblem bleibt: Man wollte ein Leuchtturmprojekt durchdrücken, ohne auf die kritischen Stimmen zu hören. Der Standort Marktplatz soll nun einen staatlichen Gigantbau erhalten – ein „Koloss, der alles erdrückt“, wie Standort-Experte Remo Daguati im leaderdigital.ch warnt. Anstatt ein bestehendes Gebäude umzunutzen, plant man einen teuren Neubau, der letztlich sogar private wissensbasierte Dienstleister aus der Innenstadt verdrängen könnte. Hier fehlt jeglicher Realitätssinn. In finanziell schwierigen Zeiten wäre Bescheidenheit angebracht: Eine Bibliothek ja – aber nicht um jeden Preis.
Noch gravierender zeigt sich die Problematik am geplatzten Projekt Busdepot und Betriebsgebäude. Die Stadt plante, die Verkehrsbetriebe (VBSG-Busdepot) und die Stadtwerke (Technische Betriebe) in einem Neubau zusammenzulegen. Was als sinnvolle Synergie begann, endete im Desaster: Die ursprünglich angenommenen Kosten von rund 100 Mio. Fr. explodierten auf nahezu 260 Mio. Fr. In der Vorprojektphase stellte man fest, dass zusätzliche Anforderungen (u.a. Nachhaltigkeit, E-Bus-Infrastruktur, Lagerflächen) enorme Mehrkosten verursachten. Der Stadtrat sah sich gezwungen, die Notbremse zu ziehen – das Vorhaben wurde Ende 2023 gestoppt. Dieses Busdepot-Fiasko ist symptomatisch. Es offenbart eklatante Fehlplanungen und mangelnde Kostenkontrolle. Fast fünf Jahre Planungszeit gingen verloren, 2,5 Mio. Fr. Planungskredit wurden verbrannt und die Stadt steht wieder am Anfang. Nun sollen Busdepot und Betriebsgebäude getrennt weitergeplant werden – mit neuen Verzögerungen und weiteren Planungskosten. Solche Fehlschläge sind teuer und vermeidbar. Hier braucht es mehr professionelle Projektführung und eine ehrliche Kosten-Nutzen-Abwägung von Beginn an. Wenn ein Vorhaben unrealistisch oder finanziell nicht tragbar ist, muss dies frühzeitig erkannt werden – bevor Millionen in den Sand gesetzt sind.
Unterm Strich zeigen Bibliothek und Busdepot: Investitionen haben sehr wohl mit Folgekosten zu tun. Bau- und Planungskredite belasten zwar primär die Investitionsrechnung, aber jeder fertiggestellte Bau schlägt in Zukunft auf den Haushalt: durch Abschreibungen, Unterhalt, Personal und Betrieb. Wer diese Zusammenhänge ausblendet, handelt fahrlässig. Es braucht Realitätssinn statt Wunschdenken – grosszügige Visionen dürfen nicht über die finanzielle Machbarkeit gestellt werden.
Fehlende Attraktivität für Unternehmen und gute Steuerzahler
Neben internen Sparanstrengungen muss St.Gallen dringend seine Einnahmenseite stärken. Doch genau hier krankt es: Die Stadt tut sich schwer, neue Firmen anzusiedeln und einkommensstarke Bürger zu halten. Im Gegenteil, in den letzten Jahren haben mehrere bedeutende Unternehmen der Stadt den Rücken gekehrt oder ihre Präsenz reduziert. Jüngstes Beispiel ist die Helvetia-Versicherung, die im Zuge einer Fusion ihren Hauptsitz von St.Gallen nach Basel verlagert. Dieser Wegzug reiht sich ein in eine lange Liste stiller Abgänge: Migros verlegte schon 1998 ihre Regionalzentrale aus der Stadt nach Gossau, Traditionsfirmen wie Bischoff Textil verlagerten einen Grossteil der Produktion ins Ausland, und der Maschinenhersteller Kellenberger siedelte 2023 nach Goldach um. Auch im Bankensektor verlor St.Gallen ehemalige Aushängeschilder – man denke an Wegelin/Notenstein, die verschwunden sind. Natürlich spielen bei solchen Veränderungen Globalisierung, Fusionen und technologische Umbrüche eine Rolle. Doch man muss sich fragen, ob die Stadt wirklich alles tut, um Unternehmen zu halten und neue anzulocken.
Aus meiner Sicht sendet die Stadt St.Gallen seit Jahren die falschen Signale an Investoren und „gute Steuerzahler“ (Bürger mit hoher Steuerkraft). Die steuerliche Belastung ist im kantonalen Vergleich sehr hoch: Nur drei Gemeinden im ganzen Kanton haben einen noch höheren Steuerfuss. Es überrascht daher nicht, dass viele Spitzenverdiener zwar in der Stadt arbeiten, aber lieber in steuergünstigere Umlandgemeinden ziehen. Täglich pendeln netto über 20’000 Personen in die Stadt, nutzen hier Infrastruktur, zahlen aber ihre Steuern anderswo. Wohlhabende Haushalte finden St.Gallen als Wohnort oft unattraktiv – was auf Dauer die städtischen Finanzen aushöhlt. Eine aktuelle Studie der Universität St.Gallen empfiehlt deshalb explizit, Steuersenkungen ins Auge zu fassen, um für Top-Steuerzahler und Firmen wieder attraktiver zu werden. Die Stadtregierung scheint jedoch zögerlich: Eine klare Strategie, um finanziell potente Neuzuzüger gezielt anzusprechen, ist nicht erkennbar.
Hinzu kommt die überbordende Regulierung und Bürokratie, die Investoren abschreckt. In Gesprächen mit Vertretern der Baubranche zeigt sich grosse Unzufriedenheit über die Stadt: Hohe Auflagen für Bauwillige und ständig wechselnde, kaum nachvollziehbare Bedingungen machen Bauprojekte zur Geduldsprobe. Dieses „Bürokratie-Monster“ frustriert private Entwickler und kostet die Stadt wichtige Investitionen. Der erwähnten Studie nach steckt St.Gallen bereits in einem Investitionsstau – 2022 wurden deutlich weniger städtische Investitionen realisiert als in den Vorjahren. Private Bautätigkeit ist ein Motor für städtische Entwicklung; wird er durch Behördenwillkür gebremst, leidet die ganze Wirtschaft. Hier zeigt sich die von mir kritisierte Bevormundungspolitik der links-grünen Stadtführung: Statt auf Partnerschaft mit der Wirtschaft setzt man auf Belehrung und Bürokratie. Remo Daguati findet hierfür ein treffendes Bild. Die Stadt komme ihm vor „wie eine alte, leicht schwerhörige, dafür arrogante Dame“, die den wenigen verbleibenden Besuchern (sprich: Investoren) ständig Vorschriften mache. Etwas mehr Demut und Serviceorientierung in Verwaltung und Politik wären dringend angebracht. St.Gallen sollte endlich erkennen, dass es aktive Anstrengungen braucht, um im Standortwettbewerb zu bestehen – die guten Zeiten kommen nicht von allein zurück.
Andere Regionen machen es vor: Kantone wie Zug setzen konsequent auf unternehmerfreundliche Rahmenbedingungen – tiefe Steuern, speditive Verfahren – und erzielen damit grosse Erfolge. Winterthur kooperiert bei Arealentwicklungen eng mit privaten Investoren, wenn der öffentlichen Hand die Mittel fehlen. Und was tut St.Gallen? Oft verlässt man sich darauf, dass schon alles beim Alten bleiben wird – man wiegt sich in vermeintlicher Sicherheit der bestehenden Institutionen und verpasst darüber den Anschluss. Ein Beispiel: Anstatt die grossen Areale St.Fiden und Bahnhof Nord entschlossen für moderne Wirtschaftsflächen zu nutzen, wurden in den letzten Jahren Chancen vertan. Laut Daguati summieren sich die versiebten Investitionsvolumen durch verzögerte oder verhinderte Entwicklungsprojekte in St.Gallen auf Milliardenbeträge. Jeder verpasste grosse Investor, jede abgewanderte Firma bedeutet langfristig weniger Arbeitsplätze und weniger Steuereinnahmen – und damit weniger finanzielle Handlungsspielräume für die Stadt.
Kurz gesagt: Die Stadt St.Gallen muss schleunigst attraktiver werden für Leistungsträger – sowohl Unternehmen wie auch Privatpersonen. Dazu gehört es, den Steuerfuss perspektivisch zu senken, Investitionshemmnisse abzubauen und private Initiative nicht als Gegner, sondern als Partner zu sehen. Solange in den Köpfen mancher Verantwortlicher aber noch das Motto vorherrscht, „wer neue Firmen anzieht, bekommt weniger Finanzausgleich, also lassen wir es lieber“, wird St.Gallen weiter an Boden verlieren. Diese Haltung ist fatal und kurzsichtig. Wir sollten stolz sein, wenn erfolgreiche Firmen zu uns kommen – und nicht davon abschrecken, dass wir dann unabhängiger von staatlichen Ausgleichszahlungen würden.
Fazit: Kurswechsel im Interesse aller nötig
Die finanzielle Lage der Stadt St.Gallen ist ernst. Dauerdefizite und wachsender Schuldenberg gefährden die Handlungsfähigkeit der nächsten Generation. Es ist höchste Zeit, gegenzusteuern. Aus meiner Sicht – der Sicht eines kritischen bürgerlichen Stimmbürgers – braucht es einen klaren Kurswechsel hin zu mehr finanzpolitischer Vernunft und wirtschaftsfreundlicher Politik.
Zusammenfassend fordere ich als SVP-Hardliner:
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Haushaltsdisziplin statt Ausgabenhunger: Die Stadt muss endlich lernen, mit dem Geld der Steuerzahler auszukommen. Keine neuen Defizite mehr – stattdessen konsequentes Sparen, Stellenstopp und Priorisierung der Kernaufgaben. Luxusprojekte auf Kosten künftiger Budgets lehne ich ab.
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Investitionen mit Augenmass planen: Grosse Projekte dürfen nur gestartet werden, wenn Kosten und Folgekosten tragbar sind. Jeder Franken an Investitionen bedingt künftig sorgfältige Prüfung der Nutzen und nachfolgenden Belastungen. Das Debakel um das Busdepot sollte allen eine Lehre sein.
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Attraktives Umfeld für Unternehmen schaffen: Weniger bürokratische Schikanen, schnellere Bewilligungsverfahren und verlässliche Rahmenbedingungen sind ein Muss. Private Investoren sollen willkommen sein, nicht gegängelt werden. Dazu gehört auch, über steuerliche Entlastungen nachzudenken, um gut Verdienende und Firmen (wieder) in die Stadt zu holen.
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Paternalismus ablegen – Bürger entlasten: Die Stadtführung muss ihre Bevormundungspolitik beenden und den Bürgern wie Unternehmen mehr zutrauen. Anstatt immer neue Abgaben (wie ideologisch motivierte Gebühren auf Parkplätze, etc.) oder Vorschriften zu erfinden, sollte man den Menschen Freiraum lassen. Eigenverantwortung und private Initiative bringen unsere Stadt voran, nicht dirigistische Eingriffe von oben.
St.Gallen steht am Scheideweg. Ohne Umdenken droht der finanzielle und wirtschaftliche Abstieg, wie selbst neutrale Beobachter warnen. Es liegt im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger, dass unsere Stadt wieder auf einen soliden Kurs kommt – mit lebendiger Wirtschaft, soliden Finanzen und einem vernünftigen Mass an staatlichen Ausgaben. Es braucht Visionen, ja – aber vor allem braucht es Realitätssinn statt Wunschdenken. Nur so können wir die Zukunft St.Gallens erfolgreich gestalten.
Letzten Endes muss die Devise lauten: Konsolidieren statt expandieren bei den Stadtfinanzen, und ermöglichen statt verhindern in der Standortpolitik. Dann hat St.Gallen wieder eine Chance, zu glänzen – im Interesse aller Bürger, heute und morgen.